„Ach, du ich mach jetzt Paleo.“

Hört man zurzeit doch an jeder Ecke, oder? Hinter der Paleo Diät, auch Steinzeit-Ernährung genannt, verbirgt sich nichts Anderes als eine möglichst kohlenhydratfreie und sehr fleischbetonte, ergo protein- und fettreiche Kost. In den 80er und 90er Jahren als „Atkins Diät“ präsentiert, erschien sie in den 2000er Jahren als „Duken Diät“ erneut auf der Bildfläche und tituliert sich nun stolz „Paleo“.

All diese low-carb Ernährungsformen versprechen rasche Abnehmerfolge, langfristige Leistungssteigerung und Erlösung von langjährigen Allergien, Unverträglichen oder gar Krankheiten. Die Methode liest sich für uns, die wir in einer fleischbetonten Gesellschaft aufgewachsen sind, erst einmal recht ansprechend: Reichlich Fleisch, Fisch und Eier, ergänzt durch kohlenhydratarmes Gemüse, niedrigglykämisches Obst und jede Menge Nüsse, Samen, Fette und Öle. Je nach Ausrichtung werden eventuell auch noch alle Öle bis auf Olivenöl gestrichen, gänzlich auf Obst und Milchprodukte verzichtet und teilweise auf mehr Rohkost Wert gelegt. Die Unterschiede fallen allerdings minimal aus.

Die Theorie

Vertreter dieser Ernährungsform gehen von der Annahme aus, dass unsere steinzeitlichen Vorfahren, die im Paläolithikum lebten (vor 10.000 – 2.4 Millionen Jahren) zum Großteil von tierischen Produkten (über)lebten. Wir, die wir als Menschen heute leben, waren in all dieser Zeit nicht in der Lage uns genetisch auf das veränderte Lebensmittelangebot anzupassen, so die Theorie, und sollten uns demnach nach wie vor wie „Jäger und Sammler“ ernähren.

Der Haken

„Leider“ basiert die Theorie zum überwiegenden Teil auf Annahmen und fehlerhaften Einschätzungen. Zwar ist es eindeutig wissenschaftlich belegt, dass Primaten, und infolgedessen auch Menschen, für mehrere Millionen Jahre als „Jäger und Sammler“ über den Planeten gezogen sind. Auch waren wir nie strenge Veganer.

Doch waren es seit jeher Pflanzen, die (mit wenigen Ausnahmen) das Grundgerüst unserer Ernährung darstellten. Dass das nicht sehr sexy klingt – noch dazu für das männliche Geschlecht, dass sich viel lieber als tapferer Mammut-Jäger sehen würde – liegt auf der Hand, weswegen sich der Mythos vom Menschen als Durch-und-durch-Fleischesser auch hartnäckig hält. Fleisch war – bis vielleicht auf die letzten 40 Jahre – schon immer ein viel zu unsicherer Faktor, auf dessen Verfügbarkeit man sich nie verlassen konnte.

Zwar hängt die Weiterentwicklung des menschlichen Gehirns unmittelbar mit einer erhöhten Zufuhr an Kalorien und essentiellen Fettsäuren zusammen. Unser heutiges „Zuchtfleisch“ enthält jedoch nur mehr einen minimalen Prozentsatz dieses günstigen Fettsäuremusters, dafür viel mehr gesättigtes Fett, ganz zu schweigen von diversen Hormonen, Antibiotika und fragwürdigen Futtermittelrückständen. Dazu kommt, dass nicht nur das Fettsäureprofil aus freilebendem Wild maßgeblich die Entstehung unseres heutigen Denkapparates beeinflusst hat, sondern auch die schiere Fülle an Wildkräutern, derer sich unsere Vorfahren reichlich bedienten, sowie außerdem die Entdeckung des Feuers und mit ihr die erhöhte Kaloriendichte unserer Nahrung.

Ist Paleo gesund?

Im Regelfall stammen bei der Paleo-Diät mehr als 50% der Nahrungsenergie aus Fleisch, Fisch, Innereien und Meeresfrüchten. Das bedeutet: viel zu viel gesättigtes Fett, Cholesterin und tierisches Protein. Langfristig steigert man so das Risiko von Herzkreislaufkrankheiten, Arthritis und Osteoporose.

In Paleo-Kreisen ist man sich dessen teilweise bewusst und verweist dann auf die Anwesenheit von nicht stärkehaltigem Gemüse, Samen und Nüssen, die zu gleichen Teilen auf dem Teller landen sollten. Doch reicht das leider nicht aus, um den annähernd kompletten Verzicht auf Ballaststoffe (Darmgesundheit!) und den vor allem in tierischen Produkten enthaltenen Umweltgiften entgegenzuwirken. Wer sich genauer informieren möchte findet hier eine Studie von 2012, die an Menschen durchgeführt wurde.

Die kurzfristige Leistungssteigerung und der Gewichtsverlust, die mit der Adaption dieser Diätform einhergehen, sind vor allem auf die extrem niedrige Kohlenhydratzufuhr zurückzuführen. Dabei geht unser Körper, der auf Glucose als Treibstoff angewiesen ist, in den Zustand der Ketose über – in dem verzweifelten Versuch aus Fetten glucoseähnliche Ketonkörper herzustellen, um wesentliche körperliche Funktionen aufrechtzuerhalten. Kurzfristig funktioniert das ganz gut, weil unser Körper auf Notsituationen vorbereitet ist, und wir fühlen uns tatsächlich irgendwie „leichter“, fast „high“. Aber auf lange Sicht verschlechtert sich z.B. die Versorgung des Gehirns und sinkt auf nur mehr 70%. Einbußen der kognitiven Leistungsfähigkeit sind die Folge.

Doch nicht nur der Mangel an Kohlenhydraten, sondern auch der Proteinüberfluss kann zu körperlichen Schäden führen, da ab einer gewissen Menge (ab ca. 30% der Nahrungsenergie) das beim Proteinstoffwechsel entstehende Zellgift Ammoniak nicht mehr ausreichend von der Leber abgebaut und über die Nieren ausgeschieden werden kann, und es zu körperlichen Schäden kommen kann.

Gesunde Grüße

Eure Fitfex